31x61 / Acryl, Tinte
Verkauft
In Hoheit und Pracht bist du gekleidet, in Licht gehüllt wie in einen Mantel. Den Himmel spannst du aus wie ein Zeltdach. Droben über dem Himmelsozean hast du deine Wohnung gebaut.
Psalm 104 :1-3
Ich mag Indigo. Es ist ein Blau, das mich in einen friedlichen, fast meditativen Zustand versetzt.
Für dieses Werk habe ich ein Bild im Kopf. Ich stelle mir einen dieser Himmel über dem Genfersee vor, wenn sich Sonnenstrahlen durch die Wolken schieben, um den See zu streicheln. Es sieht aus wie Finger aus Licht, die die Erde berühren.
In Québec nennt man das "pieds-de-vent", Windfüße.
Blaue, weiße ... aber ich kann es nicht. Pinsel aller Art, Schwamm, Bürste, keine Wolke taucht auf.
Dann beginnt das Wasser zu fließen. Tropfen gleiten langsam herab, spülen das Weiß weg, und ich weiß nicht mehr, ob ich über dem See oder im Wasser bin.
Ich verstehe nur, dass die Finger Gottes wirken.
Der Vers entrollt sich. Ich schreibe ihn auf eine Weise, die mich überrascht. Die Buchstaben überlappen sich ein wenig, und das ergibt eine schwer lesbare, aber schöne Schrift.
So kann ich viel auf wenig Platz schreiben und vor allem können Verse existieren, ohne dass sie sich auf die Betrachter stürzen.
So können sich auch Ungläubige angesichts des Wortes wohlfühlen.
Bei meiner ersten Ausstellung war dieses Bild nur wenige Tage alt und gerade erst lackiert. Als ich es aufhänge, zögere ich, zu schreiben, dass es nicht zum Verkauf steht. Weil ich es sehr liebe und noch keine Zeit hatte, es kennenzulernen. Er ist noch ein bisschen mein Baby.
Martin und Christine finden die Worte, die es mir ermöglichen, sanft loszulassen. Tatsächlich ist dieses Bild auf seltsame Weise mit einem anderen Gemälde verbunden, "Geh mit der Kraft, die du hast", das zur gleichen Zeit gemalt wurde und ebenfalls ausgestellt ist. Es gibt so viele Zeichen, dass ich mich nur freuen kann, wenn sie bei anderen Menschen losgehen.
Kurz nachdem sie das Bild bei einem köstlichen Aperitif willkommen geheißen haben, schreibt mir Martin. Er möchte wissen, wie der Text auf dem Bild lautet, damit er ihn den Menschen, die ihn besuchen, mitteilen kann. Ich schicke ihm den Vers auf Französisch und die deutsche Übersetzung. Martin antwortet mir, dass er ihn ausdrucken und hinter die Tafel schieben werde.
Ihm ist es zu verdanken, dass ich seitdem systematisch den gedruckten Bibeltext auf die Rückseite meiner Bilder lege.
Im Herbst 2022 ließ auch Martin los und verließ die Erde in Richtung eines Himmels aus Licht.